asut-Bulletin
Fortschritt und Risiko
Ausgabe
02/2020
Nein danke, wir passen!



Würde das Feuer heute erfunden, so würden wohl viele es als unkalkulierbares Risiko einstufen – und vorschlagen, darauf zu verzichten (Foto: Ricardo Gomez Angel, Unsplash)

 

(cdh) – Seit Jahrzehnten führt das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der «Frankfurter Allgemeine» in Deutschland eine Befragung zur Stimmung durch, die in der Bevölkerung in Bezug auf den technischen Fortschritt herrscht. Gut ist sie nicht: Immer wieder haben die Befragten ein ausgeprägtes Misstrauen zu Protokoll gegeben. So fortschrittskeptisch wie in der Umfrage 2019 zeigten sich die Deutschen allerdings noch selten.

1967, als die Frage zum ersten Mal gestellt wurde, glaubten 56 Prozent noch, dass die Menschheit einer besseren Zukunft entgegen gehe, 1971 waren es gar 60 Prozent. Heute glauben nur noch 32 Prozent der Deutschen an den Fortschritt, und zwar im Osten, der sich kurz nach der Wende viel optimistischer gezeigt hatte, genauso wie im Westen.

 

Quelle: Institut für Demoskopie Allensbach

 

Und was ist mit dem Fortschritt, den die  Technik mit sich bringt? Auch hier ist über die Jahrzehnte der Glaube daran, dass sie das Leben der Menschen einfacher mache, stetig gesunken. Nur noch 34 Prozent der Westdeutschen sind heute davon noch überzeugt – der niedrigste Wert seit den frühen 80er-Jahren.

Auch dem Umgang mit Risiken fühlt Allensbach auf den Puls. 39 Prozent der Befragten sind hier der Meinung, dass auf wissenschaftlichen Fortschritt besser verzichtet würde, sobald er auch nur mit einem geringen Risiko verbunden sei.

In seiner Auswertung der Umfrageereignisse (nachzulesen hier) schreibt der Allensbach-Forscher Thomas Petersen, dass die aktuelle wissenschaftliche und technische Entwicklung viele Menschen offenbar überfordere und verunsichere. Insbesondere die Digitalisierung, von deren Tragweite ständig und überall gesprochen werde, ohne dass klar werde, was damit eigentlich konkret gemeint sei, schaffe eine gewisse Orientierungslosigkeit. Selbst bei den Unter-Dreissigjährigen «Digital Natives» geben nur gerade 46 Prozent an, ungefähr zu wissen, was mit Digitalisierung gemeint sei. Für wichtig halten sie gleichzeitig aber mehr als drei Viertel der Befragten aller Altersklassen. Was nicht heisst, dass sie gleichzeitig grosse Bedenken hegen: 41 Prozent befürchten beispielsweise, dass die Digitalisierung Arbeitsplätze vernichte. Solche Aussagen, schreibt Petersen, seien meist nicht aus eigener Erfahrung gespeist. Verschiedene Umfragen hätten wiederholt gezeigt, «dass die Sorgen um so geringer werden, je intensiver der Kontakt mit den neuen Technologien bereits ist und je mehr jemand von der Technik versteht. Doch so lange die öffentliche Diskussion um die Digitalisierung überwiegend auf einer abstrakten Ebene stattfindet, bietet sie Raum für emotionale, teilweise irrationale Reaktionen.»

 

 

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