asut-Bulletin
Digital Health
Ausgabe
06/2018
«Patient Journey» – der Patientenpfad der Zukunft

Das Verständnis des klassischen Patientenpfads wandelt sich immer mehr in Richtung einer sogenannten «Patient Journey». Die «Patient Journey» bildet dabei nicht zwingend nur die Prozessschritte einer Behandlung ab, sondern beinhaltet auch das subjektive Empfinden des Patienten. Dank der aktuell verfügbaren technologischen Mittel ergeben sich für Leistungserbringer verschiedene Möglichkeiten, die «Patient Journey» bewusst zu gestalten.

Kann anhand einer Smartphone-App der Patientenpfad wirksam optimiert werden, um sowohl ein positives Patientenerlebnis zu ermöglichen als auch wesentliche administrative Verbesserungen mit nachhaltigen Effizienzpotenzialen zu erreichen? Der hiernach beschriebene Anwendungsfall eines Diabetespatienten wurde zusammen mit Fachpersonen entwickelt, um eine realitätsnahe Sicht einer Behandlungssituation wiederzugeben. Er dient als Ausgangspunkt für die Gestaltung, Entwicklung und Einführung von «Patient Journey»-Apps in Spitälern.

Überweisung

Das Smartphone am Anfang einer qualitativ hochstehenden Behandlung

Hausarzt Dr. Meier kommt nach einer Routineuntersuchung seines Patienten Peter Brunner aufgrund der dargelegten Symptomatik zum Schluss, dass dieser ein klarer Risikofall für Diabetes Typ II ist. Zur Abklärung führt Hausarzt Dr. Meier bei Peter Brunner einen HbA1c-Test durch. Das Ergebnis bestätigt einen erhöhten Blutzuckerspiegel während der vergangenen drei Monate. Der Hausarzt eröffnet Brunner seine Absicht, ihn zur weiteren Abklärung ans wohnortsnahe Spital zu überweisen. Er weiss um die aufwändige Betreuung, die eine solche Diagnose nach sich ziehen kann, und erinnert sich an die Patienten-App, welche das Spital an einer Zuweiserveranstaltung präsentiert hatte. Hausarzt Dr. Meier ist überzeugt, dass mittels dieser neuen App der Behandlungspfad optimal geführt wird, da sowohl der Patient als auch er als Vertrauensarzt auf diesem Weg über den weiteren Verlauf der Behandlung orientiert bleibt.

Gemeinsam laden sie am Ende der Sprechstunde die App auf das Smartphone von Peter Brunner und hinterlegen Hausarzt Dr. Meier als Vertrauensarzt.

Behandlung

Eine App als Patienten-Management-Tool

Nach Bestätigung der Überweisung zwecks Abklärung des Verdachts auf Diabetes Typ II und Initiierung einer angemessenen Therapie durch das Exemplaris-Spital wird Peter Brunner via App aufgefordert, einen Termin bei einem Endokrinologen vor Ort zu vereinbaren. Zu diesem Zweck werden in der App für den voraussichtlichen Behandlungszeitraum die verfügbaren Ärzte sowie deren Kurzprofile angezeigt. Peter Brunner kann direkt in der App einen passenden Termin auswählen und erhält eine entsprechende Bestätigung inklusive Terminblock zur Übernahme in den privaten Kalender auf sein Smartphone gesendet. Die digitale Terminfindung erleichtert somit den administrativen Prozess auf Seiten des Spitals, und der Patient hat bereits vor dem Termin einen ersten Anhaltspunkt zur behandelnden Fachperson.

Einige Tage vor dem Termin erscheint auf der App eine automatische Erinnerung. Darüber hinaus werden gezielt Informationen freigeschaltet, wie z.B. der Anfahrtsplan zum Spital sowie Details zum Ablauf und Inhalt des Termins. Auch der Check-in oder die Beantwortung qualitativer Fragen als Vorabinformation für den behandelnden Arzt können über die App gesteuert werden. Die tatsächliche Zeit vor Ort im Spital kann somit gezielt für die Behandlung genutzt werden, was zu einer Entlastung des Patienten sowie des Arztes führt.

Sobald Peter Brunner auf dem Spitalgelände eingetroffen ist, aktiviert sich die Positionierungsfunktion auf der App («On-Site Navigation») und zeigt ihm den direkten Weg zur Sprechstundenlokalität auf. Falls Peter Brunner etwas zu früh eingetroffen ist, kann er sich auf dem interaktiven Arealplan schnell und einfach über die weiteren Angebote des Spitals (Cafeteria, «Shop-inHospital»-Angebote etc.) und deren Lage informieren. Der Spitalbesuch wird mittels digitaler Unterstützung für den Patienten so angenehm wie möglich gestaltet.

Im Rahmen der Sprechstunde wird bei Peter Brunner tatsächlich ein Diabetes Typ II diagnostiziert. Der behandelnde Arzt klärt ihn über den weiteren Verlauf der Behandlung auf und hinterlegt diesen parallel dazu im Patientenprofil auf der App. Termine zur Verlaufskontrolle sowie weitere Sitzungen bei Diabetes- und Ernährungsberatung werden auf diesem Weg automatisch in den Behandlungsprozess integriert und über die Patienten-App koordiniert. Peter Brunner erhält via App zudem nützliche Informationen zu seiner Erkrankung, Therapie, Medikation sowie den Folgeterminen. Die App hilft Peter Brunner aber auch bei der Einhaltung der Medikation (Medikamenten-Compliance), indem sie ihn rechtzeitig daran erinnert und eine Bestätigung für die Einnahme verlangt.

Dank der App verfügt der Patient über eine zusätzliche Sicherheit, die Medikation rechtzeitig und in der richtigen Dosis gemäss Behandlungsplan einzunehmen. Die hinterlegten allgemeinen Informationen zur Diagnose und Therapie erlauben ihm zudem, sich ortsunabhängig und umfassend zu informieren.

Nach rund vier Wochen hat Peter Brunner einen Folgetermin bei demselben Endokrinologen reserviert. Auf den Auswertungen der Patienten-App sieht dieser, dass der Patient die Medikamente regelmässig eingenommen hat, und attestiert nach erfolgter Untersuchung gute Fortschritte in der Therapie. Zusätzlich zum anstehenden Monitoring durch den Hausarzt empfiehlt der behandelnde Arzt jährliche Kontrollen bei einem Ophthalmologen und aktiviert eine entsprechende Erinnerungsfunktion. Der Hausarzt kann dann zum gegebenen Zeitpunkt selbst entscheiden, ob eine solche Konsultation notwendig ist oder nicht. Nach Abschluss der ambulanten Behandlung im Exemplaris-Spital wird Peter Brunner aufgefordert, via Feedback-Tool eine Rückmeldung zu den erhaltenen Dienstleistungen abzugeben.

Monitoring

Sicherung der kontinuierlichen Behandlungsqualität

Als hinterlegter Vertrauensarzt wird Hausarzt Dr. Meier zwischenzeitlich per E-Mail über die Rücküberweisung seines Patienten Peter Brunner informiert. Mittels der erhaltenen Zugangsdaten kann er nun die im Rahmen des Monitorings üblichen dreimonatigen Kontrollen in der Patienten-App hinterlegen. Diese Zugriffsmöglichkeit des Hausarztes auf die «Patient Journey»-App des Exemplaris-Spitals erlaubt in der Folge, die Erinnerungsfunktionen und die periodischen Terminvereinbarungen weiterhin über die Applikation zu steuern. Dies erleichtert die Administrationsprozesse auf Seiten des Arztes, und der Patient kann die bereits bekannte App weiternutzen.

Mehrwert für die Patienten und die Spitäler

Eine applikationsbasierte «Patient Journey» bietet einen hohen Mehrwert für Patienten und Spitäler zugleich. Dank der Nutzung einer konfigurierten Patienten-App wird der administrative Aufwand z.B. zur Terminvereinbarung für beide Seiten deutlich reduziert. Der Patient fühlt sich zudem besser abgeholt, da er sich einfacher auf dem Spitalgelände zurechtfindet und über den Ablauf und den Inhalt seiner Behandlung bereits vor dem Termin informiert ist. Als Folge kann unter anderem eine tiefere «No-Show»-Rate erwartet werden, was nicht zuletzt eine optimale Auslastung der medizinischen und therapeutischen Fachpersonen des Spitals begünstigt. Der Patientenpfad der Zukunft und damit zusammenhängend die «Patient Journey» sind unter Einbindung relevanter Teilnehmer einer Behandlungskette kontinuierlich weiterzuentwickeln. Nutzen Sie die Einführung einer Patienten-App, um Ihre Kompetenzen im Umgang mit mobilen Applikationen aufzubauen und nachhaltig Mehrwert zu generieren.

Bestens für Sie aufgestellt.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Transformation Ihres Patientenpfades. Dabei können Sie von unserem Branchenfokus und unserem fachlichen Know-how im Schweizer Gesundheitswesen profitieren. Mit «Mobile Solutions» verfügt KPMG zudem über ein Expertenteam, welches auf Design, Entwicklung und Betreuung von kundenspezifischen Apps spezialisiert ist. Wir sind somit in der Lage, Ihnen aus einer Hand eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene App zu konzipieren, zu entwickeln und erfolgreich einzuführen.

Die hier skizzierten App-Funktionalitäten sind praxiserprobt und kosteneffizient konfigurierbar. Dank deren modularer Integration können ausgewählte Patientenpfade individuell gestaltet und definiert werden. KPMG empfiehlt hierzu den Fokus auf die zehn häufigsten Patientenpfade eines Leistungserbringers zu legen. Eine Erweiterung auf den stationären Bereich ist möglich. Aufgrund implementierungstechnischer und datenschutzrechtlicher Gesichtspunkte wird im hier vorliegenden Anwendungsfall bewusst auf eine Anbindung an das EPD sowie die Integration patientenspezifischer medizinischer Daten verzichtet.

 

Marc-André Giger, Florian Schmid und Lukas Brinkmann

Marc-André Giger ist Director Healthcare; Florian Schmid Senior Consultant Healthcare und Lukas Brinkmann Consultant Healthcare beim Beratungsunternehmen KPMG.

Dieser Beitrag ist im September 2018 in «Clarity on Healthcare. Digitales Zeitalter – Spitallandschaft im Wandel», KPMG, erschienen. Übernahme mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber.

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