Tante Emma 4.0

(Foto: Piqsels)

Waren vertreiben ist nicht mehr wie es früher war. Die Globalisierung bringt die gleichen grossen Marken in die Einkaufstrassen aller Städte und vertreibt die Kleinen und der Onlinehandel macht den übrigen den Garaus.

Aber ist es wirklich so? Vielleicht ist das Gegenteil wahr: Waren vertreiben ist genauso wie es früher war. Eine Transaktion zwischen Anbieter und Käufer, bei der, wer Erfolg haben will, auch wissen muss, dass es um ein bisschen mehr als um eine simple Transaktion geht. «The customer is always right», sagte der legendäre Harry Selfridge und liess sich alles mögliche einfallen, um seiner Klientel ein Verkaufserlebnis zu bescheren, das es sonst nirgends gab. Er setzte alles daren, die Vorlieben seiner Kundschaft zu kennen, jeder einzelnen Kundin und jedem einzelnen Kunden das Gefühl zu vermitteln, bei Selfridge's würden ihr oder ihm Wünsche von den Augen abgelesen. Ganz ähnlich das Verkaufsrezept der erfolgreichen Kleinen: Warum spricht man von «Tante Emma»? Weil sich der Kunde in ihrem Laden wohl und willkommen fühlte, weil Tante Emma ihn beim Namen nannte, ihm Ratschläge gab und nach der Familie fragte.

All diese Aspekte sind heute wichtiger denn je: Auch im Fall von Kommerz und Handel ermöglicht die Digitalisierung einen viel effizienteren Umgang mit Ressourcen: Logistik, Warenflüsse, Verkaufsabläufe, Bezahlvorgänge werden entrümpelt und gestrafft, flexibler gestaltet und Skalierungseffekte ausgenutzt. Aber die technologische Entwicklung, gibt den Händlern gleichzeitig auch ganz neue Instrumente in die Hand, um genau das wieder besser zu tun, was seit jeher ihr Kernbusiness ist oder sein sollte: die Kundschaft kennen und ihr mehr  als einen simplen Tausch von Geld gegen Ware bieten. Genauso bietet sie auch denen ganz neue Möglichkeiten, die gegen gewisse Exzesse unserer Konsumwelt mobilisieren.

Die Digitalisierung kannl also eine Chance sein. Aber eine, die man packen muss: Der Anpassungsdruck, unter dem der stationäre Handel zurzeit steht, ist gross und auch E-Commerce  geht nicht einfach von selbst. Um Erfahrungen und Lageanalysen, um Kundenanforderungen und gelungene neue Konzepte geht es in dieser Nummer des Bulletins.

 

 

Christine D'Anna-Huber

Die Publizistin Christine D'Anna-Huber ist Redaktionsleiterin des asut-Bulletins und Inhaberin des Textbüros cdh, Kommunikation und Texte in Bern. Zuvor war sie u.a. Westschweizkorrespondentin und Afrika-Korrespondentin des Tages-Anzeigers.