Auf die Dauer hilft nur Power

 

Zum vierten Mal fand Ende Oktober in der wie immer ausverkauften Umweltarena in Spreitenbach die Smart Energy Party statt. Und wieder waren sie alle da: rund 20 National- und Ständeräte, das Who-is-Who der Schweizer Energie- und der ICT-Branche, dazu Persönlichkeiten aus Hochschulen, Verwaltung, Verbänden, Unternehmen und Medien: insgesamt gut und gern 1000 Gäste an 127 Tischen.

Für kluge Unterhaltung war gesorgt: Jasmina Ritz, Geschäftsführerin der Limmatstadt AG, beschwor die Visionen einer smart vernetzten Stadt des 21. Jahrhunderts an den Ufern der Limmat zwischen Baden und Zürich. Der Extrembergsteiger und Fotograf Robert Bösch (von dem das Zitat im Titel stammt) machte die Anwesenden mit seinen Bildern und Erzählungen aus höchsten Höhen ganz schwindlig vor Bewunderung. Fast ebenso halsbrecherisch waren die Gedankensprünge mit denen der Publizist Ludwig Hasler rhetorische Gipfel erklomm: Energeisparen sah er in der manchmal zu mutloser Bequemlichkeit tendierenden Schweizer Mentalität im übertragenen Sinn eher negativ – damit werde die Schweiz nicht vom Fleck kommen.

Die Uberisierung der Energiewelt kommt

Ansonsten war man sich in Vielem einig: Die Energiepolitik gewinnt an Bedeutung, die Herausforderungen sind riesig, aber die Schweiz ist grundsätzlich gut aufgestellt. Die Politik ist dabei, die Energiestrategie 2050 unter Dach und Fach zu bringen, in der Wirtschaft finden sich noch nicht völlig vertraute Branchen langsam zusammen, vereint durch den Willen, die konkrete Umsetzung in die Wege zu leiten. Auch für die erst spät aus Bundesbern eingetroffene Bundesrätin Doris Leuthard jedenfalls – die ersten Gänge des USA-inspirierten Menus waren schon verspiesen   – ist klar, dass Energiepolitik heutzutage immer auch auch Wirtschafts- und IT-Politik ist. Das bedeute natürlich auch, dass der Energiemarkt sich verändert habe und weiter signifikant verändern werde, dass das Umfeld disruptiv und die Konkurrenz rüde sei, klassische Grenzen zwischen Branchen sich auflösten und Geschäftsmodelle überdacht oder neu erfunden werden müssten: «Die Uberisierung der Energiewelt wird kommen», prophezeite die Bundesrätin.

Ist das schlimm? Nicht für die ausgesprochen gut gelaunte und Zuversicht versprühende Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation. Natürlich seien die Herausforderungen gross, das internationale Umfeld komplex und die Situation des hiesigen Strommarktes wohl noch für ein paar Jahre schwierig, betonte Doris Leuthard, doch statt zu klagen, müsse die Schweiz sich nun eben überlegen, wie sie sich langfristig strategisch klug positionieren könne. Einem Land, das Innovationsweltmeister und mit einer tiefen Schuldenquote gesegnet sei, über eine herrvorragende Breitband- und Mobilfunkinfrastruktur verfüge und damit auch für die digitale Welt beste Voraussetzungen besitze, werde wohl das eine oder andere dazu einfallen, wie es sich als «early Mover» und «Enabler» in diesem Zukunftsmarkt klug und nachhaltig positionieren könne – und zwar weltweit.

Eine wehmütige Note

Niemand wird es an diesem Abend der Bundesrätin übelgenommen haben, dass sie in ihrer Rede auch ein bisschen Wahlkampf betrieb und – ohne sie zu nennen – die Atomausstiegsinitiative scharf kritisierte. Einfach so auf Knopfdruck könne der Ausstieg nicht gelingen, sondern müsse gut vorbereitet sein, um nicht zu einer grösseren Abhängigkeit von ausländischen Stromimporten, Netzengpässen und vermeidbaren Mehrkosten zu führen.

Kurz bevor die Gäste sich nach der bewährten Formel zum Dienst am Buffet aufmachten, mischte sich noch eine etwas wehmütige Note in den Abend. Fritz Sutter, Erfinder und unermüdlicher Geist der Smart Energy Party, kündigte an, dass er und seine Frau Renate zum letzten Mal als Organisatoren dabei gewesen seien und in Zukunft nur noch hinter den Kulissen zu wirken gedächten. In ihre grossen Fusstapfen werden Energie-360°-CEO Kurt Lüscher, VSG-Direktorin Daniela Decurtins, VSE-Direktor Michael Frank und Walter Schmid von der Umweltarena treten – die berühmte Kuhglocke, mit der er jeweils zum Rechten sah, hat Fritz Sutter ihnen zur Sicherheit überlassen.

(Fotos: 2. Bild von links:  Renate und Fritz Suter mit Kurt Lüscher; 3. Bild von links: Bundesrätin Doris Leuthard und Kurt Lüscher.)