Eine Erfolgsgeschichte geht weiter

2016 jährt sich die offizielle Markteinführung von Ethernet zum 40. Mal. Kaum ein Medium hat sich über einen so langen Zeitraum so erfolgreich behauptet. Der Trend geht weiter in Richtung mehr Geschwindigkeit – nicht nur auf Glasfasern, sondern auch auf bestehenden Kupferleitungen.

Bereits in den frühen 70er-Jahren begann die eigentliche Entwicklung des Ethernets. Bei der Firma Xerox wurde am Prototyp eines Communications-Controllers gearbeitet, der über Ethernet kommunizieren sollte. Als Datengeschwindigkeit propagierte man die damals sehr hohe Geschwindigkeit von 3 Mbit/s [1]. Die neue Technologie wurde der Öffentlichkeit 1976 auf einer Computer-Konferenz vorgestellt. Der Ethernet-Standard wurde erst 1985 als ISO/DIS 8802/3 veröffentlicht. Im selben Jahr wurde erstmals die magische Zahl von 100 Herstellerfirmen überschritten, die von Xerox eine Lizenz zur Herstellung von Ethernet-Produkten erhalten hatten. Dank dem Standard RFC 948 gelang ebenfalls 1985 erstmals die Unterstützung der TCP/IP-Protokolle auf IEEE 802.3-Netzwerken.



Die Vielfalt einer Arbeitsgruppe. 


Die 80er-Jahre standen im Zeichen des Kampfes zwischen Ethernet und dem Konkurrenzprodukt von IBM (Token-Ring), der zugunsten Ethernet ausging. Die Übertragung von Ethernet-Daten auf Vierdraht-Leitungen begann 1986. Auch Ethernet auf Glasfaserleitungen wurde erstmals untersucht. Ab 1988 wurde Ethernet auf Twisted Pair als Pre-Standard angeboten und erst 1991 nach langen Diskussionen als 10BaseT-Standard veröffentlicht. Ethernet über Twisted Pair war lange der Standard im Massenmarkt. Gleichwohl startete bereits 1992 dank Hewlett-Packard und AT&T Microsystems die Entwicklung des Fast Ethernets mit 100 Mbit/s ebenfalls auf Twisted Pair-Kabeln (100BaseX) oder Glasfasern (100BaseFx). Zudem legte Fast Ethernet erstmals den Full-Duplex-Übertragungsmodus fest.

Eine Konstante: höhere Geschwindigkeiten

Neue Multimediaanwendungen stellten etwa 1995 höhere Anforderungen an die Übertragungsgeschwindigkeit, weshalb mit der Definition des neuen 1 Gbit/s-Ethernet begonnen wurde (1000BaseT). Dessen Veröffentlichung erfolgte Ende 1999, wobei die Entwicklung schnell fortschritt. Erste herstellerspezifische Ethernet-Komponenten für 10 Gbit/s wurden bereits 2001/2002 gezeigt. Parallel dazu wurde seit den frühen 90er-Jahren im US-amerikanischen Standardisierungsgremium IEEE (Institute of Electrical and Electronic Engineers) mit der Definition drahtloser Ethernet-Standards begonnen, die als WLAN (Wireless Local Area Network) oder Wi-Fi (Wireless Fidelity) auf dem Markt bekannt sind. Das IEEE hat damit seinen erfolgreichen Weg aus der drahtgebundenen Datenkommunikation bei den WLANs fortgesetzt.



Tabelle: Kabelkategorien für Twisted Pair

Kabelkategorien für Ethernet

In der Nachrichtenübertragung bezeichnet man paarweise miteinander verdrillte Adern als Twisted-Pair-Kupferkabel. Sie bilden auch im vierten Ethernet-Jahrzehnt in den meisten Fällen die Basis für die Datenübertragung. Die technische Entwicklung in verschiedenen Kategorien führte zu steigenden Übertragungsgeschwindigkeiten mit bis zu 40 Gbit/s über Kupferkabel (siehe Tabelle). Die Mehrheit der heute in den Unternehmen installierten Kupfernetze basieren auf Komponenten der CAT 5 (100 MHz, ältere Installationen) oder CAT 6 (250 MHz Bandbreite). In vielen Fällen stösst jedoch die CAT 6 mit 250 MHz Bandbreite an ihre Grenzen. CAT-7-Kabel mit 600 MHz Bandbreite, gekoppelt mit CAT-6-Komponenten waren darum noch bis vor kurzem eine gängige Kombination, um netzseitig eine gewisse Zukunftssicherheit zu bieten. Durch Reduktion der Preisdifferenzen zwischen den Kabelkategorien geht der Trend in gewöhnlichen Büro- oder Gewerbebereichen heute klar zu CAT 7 und in Rechenzentren zunehmend zu CAT 8.

Bei den Büroverkabelungen übernimmt das Gigabit-Ethernet (1000Base-T) zunehmend die Rolle, die einst das Fast Ethernet spielte (100Base-T). Die Geschwindigkeit des Ethernets nimmt im Rückblick etwa alle zehn Jahre mindestens um den Faktor 10 zu. So gelten in Rechen- und Datencenter 40 Gbit/s für die Server-Anbindung und 100 Gbit/s für Core-Switches als das Mass aller Dinge. Daher vollzieht sich aktuell ein Übergang von 10 Gbit/s auf 40 Gbit/s, auch wenn das entsprechende Equipment heute noch deutlich teurer ist als gängige Komponenten mit 1 oder 10 Gbit/s. Denn nur noch schnellere Übertragungstechnologien können die weiter boomende Nachfrage nach Bandbreite und kurzen Antwortzeiten in Netzwerken abdecken.

Inhouse sind dazu jedoch nur in seltenen Fällen Glasfaserkabel nötig. Sie werden in der Regel nur dort eingesetzt, wo eine sehr hohe Datendichte herrscht und somit extrem schnelle Links nötig sind, oder wenn der Kunde es explizit verlangt (und das entsprechende Budget bereitstellt, etwa in Neu- oder Umbauten). Auch bei Ethernet-Verbindungen zwischen Gebäuden und Distanzen ab 100 Metern werden Glasfaserkabel genutzt. In den allermeisten Fällen dominiert bei den Local Area Networks (LANs) nach wie vor das kupferbasierte Twisted-Pair-Kabel, ergänzt um flexible WLANs. Beide sind in Anschaffung und Installation wesentlich kostengünstiger als lichtwellenleiterbasierte Lösungen.

Noch immer top

Für die schnelle Datenkommunikation gibt es heute keine bessere Basis als Ethernet. Diese Technologie bildet seit Jahrzehnten eine breit aufgestellte Grundlage für den Zugang zum Internet und den Datentransport in lokalen Netzen. Denn die meisten stationären Nutzer kommunizieren entweder nach wie vor über einen RJ-45-Anschluss oder per WLAN mit der Aussenwelt. Weil die Anforderungen an schnelle Verbindungen stetig steigen, hat sich die Ethernet-Geschwindigkeit in den vergangenen 40 Jahren von 3 MBit/s (1976) auf heute 40 Gbit/s drastisch erhöht. Zudem werden in naher Zukunft 100 Gbit/s insbesondere für Datencenter zum Alltag werden. Im IEEE wurden die Weichen bereits für ein Terabit-Ethernet gestellt, das ab 2023 verfügbar sein soll. Als Übergangsstandard entwickelt das IEEE zurzeit einen Ethernet-Standard für 400 Gbit/s, welcher die Basis zum Durchbruch in den Terabit-Bereich legen soll. Die Erfolgsgeschichte erhält somit weitere Kapitel.

 


[1] Zum Vergleich: Noch in den 90er Jahren kommunizierte man in öffentlichen X.25-Datennetzen mit höchstens 19,6 Kbit/s.

 

Nachteil verdrillter Kabel: Nebensprechen

Die attraktivste physikalische Basis für 40 Gigabit Ethernet innerhalb von Gebäuden dürfte die Cat 8 über Twisted Pair bilden (bis 30 m). Die Distanz reicht für die meisten typischen Anwendungen aus. Das entsprechende Kupferkabel enthält vier Adernpaare, von denen jeweils ein Paar verdrillt ist. Um 40 Gbit/s übertragen zu können, werden10 Gbit/s pro Adernpaar übertragen. Hier ist unbedingt auf eine gute Schirmung der verdrillten Kupferkabelpaare zu achten und auf keinen Fall beim Bau und der Verlegung zu sparen. Anderenfalls treten im Betrieb störende Effekte wie z. B. das Nebensprechen auf, der so genannte „Crosstalk“ (XT) zwischen Adernpaaren. Tritt er am nahen Ende auf, spricht man von NEXT (Near End Crosstalk), am entfernten Ende hingegen von FEXT (Far End Crosstalk).   
              


Nebensprechen innerhalb des Twisted-Pair-Kabels 
am nahen (NEXT) und fernen Ende (FEXT).

Da in lokalen Datennetzen die Datenkabel üblicherweise gebündelt verlegt werden, liegen die Leitungen über weite Strecken eng nebeneinander. Dies verstärkt den kritischen Effekt insbesondere bei höheren Bandbreiten, die ein breiteres Frequenzspektrum zur Übertragung benötigen. Daher ist eine gute Schirmung zentral. Viele Netzwerkkarten (Network Interface Card, NIC) für 40 Gigabit Ethernet enthalten DSPs (Digitale Soundprozessoren), welche die Störungen durch entsprechende gegenphasige Signale in Echtzeit weitgehend kompensieren. Die Kompensation vom „Alien Crosstalk“ (AXT), dem Übersprechen von benachbarten Leitungen, ist jedoch nicht möglich, da sich hier Signale unabhängiger Netzwerkverbindungen stören. AXT tritt vor allem zwischen direkt benachbarten Kabel und benachbarten Steckverbindern im Patchfeld eines Racks auf.
 


Nebensprechen zwischen zwei Twisted-Pair-Kabeln (AXT).

Heute sind zwar Produkte für 40 oder teils auch für 100 Gigabit Ethernet vorhanden, aber im Durchschnittsbüro noch nicht sehr verbreitet. Dies dürfte sich in nächster Zeit dank besserem Preis-/Leistungsverhältnis ändern. Achtung: Es sind achtadrige Kabel ohne jede Schirmung auf dem Markt, bei denen die verdrillten Adernpaare lediglich durch einen Kunststoffeinsatz auf eine gewisse Distanz gehalten werden und nur das Kabel als Ganzes geschirmt ist (einfache Schirmung). Solche Kabel mögen billig sein, preiswert (= den Preis wert) sind sie aber nicht. Sie taugen höchstens für ultrakurze Distanzen. Besser ist ein flexibler Metallschirm in Form einer Folie, mit der jeweils ein Adernpaar geschützt wird, ergänzt um einen Metallschirm um das ganze Kabel (Doppelschirmung).


Ungekürzter Beitrag erschienen in Elektrotechnik 08/16. Mit freundlicher Genehmigung des AZ Fachverlags.
 

Rüdiger Sellin

Rüdiger Sellin ist Fachjournalist und technischer Redaktor.