Kommunikationsnetze – heute und in Zukunft

Von Patrick Langelaan

Wir stehen am Beginn einer Ära der Vernetzung, die das Potenzial hat, eine neue Phase der menschlichen Existenz zu definieren. Diese Ära wird von der Digitalisierung und der Verbindung von allem und jedem geprägt sein. Das Ziel wird sein, einen Grossteil des Lebens zu automatisieren und dadurch effektiv Zeit zu schaffen. Wir möchten die Effizienz von allem, was wir tun, maximieren und unsere Intelligenz mit Wissen erweitern, welches die Entscheidungsfindung und die täglichen Abläufe optimiert.

Diese futuristische Vision scheint eher Science-Fiction zu sein als das Ergebnis rationalen Denkens und Analysierens. Allerdings befinden wir uns in einer einzigartigen Situation. Es ist das Zusammentreffen von technologischen Innovationen, von neuen menschlichen Bedürfnissen, von der Konvergenz von Akteuren und Marktsegmenten sowie der Entstehung neuer Geschäftsmodelle.

Im Wesentlichen ist dies eine klassische Angebot-Nachfrage-Gleichung, aber eine, die neu gewichtet wird, da das Angebot-Nachfrage-Gleichgewicht zwischen Verbrauchern und Unternehmen zunehmend durch stark skalierbare Technologien befriedigt wird, was wir Plattform-Ökonomie nennen. Ich bin davon überzeugt, dass es eine weitere technologiegetriebene Transformation sein wird, die den Ausmassen der ersten Internetära (1995-2005) und der Cloud- und Smartphoneära (2005-2015) ähnelt.

Wie immer, wenn Veränderungen durch technologische Innovationen initiiert und umgesetzt werden, folgt das Konsumentenverhalten unweigerlich, was eine massive Disruption verursachen kann.  

Die angedeuteten technologischen Innovationen fassen wir bei Nokia (Bell Labs) unter dem Konzept «Future X Netzwerk-Transformation» zusammen, wobei X die Faktoren von 10 angibt, die diese Disruption kennzeichnet. Es wird ein 10-jähriger Weg sein, der die Skalierung der Geräte-, Cloud- und Netzwerkinfrastruktur um ein Mehrfaches des Faktors zehn steigern wird.

Die technologischen Treiber für diese Transformation sind:

  1. Ein neuer dynamischer Ansatz für Netzwerke, der eine scheinbar unendliche Kapazität erzeugt, indem er über die heutigen linearen technischen Limitierungen hinausgeht, um ein neues Cloud-integriertes Netzwerk zu schaffen. Das Kommunikationsnetz muss nicht nur die wesentlichen Eingabe- und Ausgabemechanismen, sondern auch kognitive Intelligenz bereitstellen. Stichworte sind hier: Edge Clouds und softwaredefinierte Netzwerke. Von integraler Bedeutung ist dabei ein Ende-zu-Ende-Ansatz zur systematischen Security und Privacy. Dieser Ansatz ist endpunktbasiert (z. B. mit allen Geräten, Servern), und verwendet netzwerkbasierte Sicherheit mit selbstlernenden Funktionen, die die Identifizierung und Neutralisierung von Angriffsvektoren in Echtzeit ermöglicht.
     
  2. Der Siegeszug, der mit dem Internet verbundenen Maschinen und Geräten, die eine grosse Menge neuer digitaler Informationen bereitstellen. Allgemeinhin wird dies mit der Abkürzung IoT betitelt, das Internet der Dinge. Damit kann die Fertigungslandschaft mit einer Vielzahl von automatisierten Prozessen neugestaltet werden. Ganz spannend auch für uns in der Schweiz ist, dass damit der aktuelle Trend zur Off-Shoring-Fertigung in Niedriglohnländer umgekehrt werden könnte, sodass westliche Industrieländer wieder zu profitablen Fertigungsstandorten würden. In einem Nachbarland sehen wir gerade eine starke Dynamik zu diesem Thema, im Rahmen von 5G-Campuslösungen. Mehr dazu in einem weiteren Artikel in diesem Bulletin.
     
  3. Neue Datenanalysetechniken, die unmittelbare Unterstützung bei Entscheidungsprozessen bieten, anstatt nach «perfektem Wissen» zu suchen. Neue Augmented-Intelligence-Systeme verwenden ausschliesslich die relevanten digitalen Informationen, die aus der grossen Flut von gesammelten Daten (Big Data) extrahiert werden. Dies ist in den jeweiligen Kontexten erforderlich und möglich, um die menschliche Intelligenz zu unterstützen und nicht zu ersetzen.

Die Disruption wird sicherlich auch die Gesellschaft verändern. Wir werden effizienter leben können: durch Daten unterstützt, aber nicht überfordert. Wir kehren zu den lokalen Produktionsparadigmen zurück, die durch das neue global-lokale, in die Cloud integrierte Kommunikationsnetz aus virtuellen und physischen Standorten und Mitarbeitern verwaltet und verbunden werden. Dies erfordert Anpassungen in den Kontroll-, Kollaborations- und Kommunikationssystemen.

Auch wenn wir uns in unserer Industrie von dieser Geschwindigkeit, den Innovationen und Disruptionen gerne mitreissen lassen, kommt doch nun bald die schöne Zeit, die uns die nötige Musse beschert, um mit etwas Abstand auf diese Themen zu schauen. Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches Jahresende und vor besinnliche, erholsame und friedliche Feiertage im Kreise Ihrer Liebsten.

 

 

 

Patrick Langelaan

Patrick Langelaan ist Mitglied in der Geschäftsleitung von Nokia Schweiz, verantwortet das Geschäft für Südeuropa und ist asut-Vorstandsmitglied