Gesünder dank Daten

Die Digitalisierung hat das Gesundheitswesen erreicht. Das sagt sich leicht. Dass damit auf verschiedensten Ebenen ungeheuere Veränderungen verbunden sind, von der Ausbildung und der täglichen Praxis der medizinischen Fachkräfte, über die Spitalverwaltung, der Forschung, und Entwicklung neuer Medikamente und Therapien bis hin zur Gesundheitspolitik, hat beispielsweise im Bundesparlament bereits zu Debatten und Postulaten geführt. Bis 2030 soll der Bundesrat zu den erwartenden Veränderungen nun einen Bericht vorlegen. Schon heute steht also die Frage im Raum: Ist die Schweiz bereit für diese Transformation?

Unser Dossier zu Digital Health versucht, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, einen Überblick über ein paar der wichtigsten Bereiche zu geben, die sich in einem immer stärker datengetriebenen Gesundheitssystem hauptsächlich verändern.

Es geht zuerst einmal um Vernetzung und den Abbau von (analogen) Datensilos. Das fängt bei der Materialbewirtschaftung an, wo die Digitalisierung es ermöglicht, von der Bestellung, über die Lieferungen bis hin zur Leistungsabrechnung alle Abläufe zu integrieren – koplett papierlos, ohne Redundanzen, effizient und kostensparend. Schweizer Beispiele mit Vorzeigecharakter sind hier die Digitalisierung der Bestellung im Spitalzentrum Biel. Weiter geht es damit, dass die elektronische Aufnahme, Übermittlung, Verarbeitung und Interpretation von Gesundheitsdaten den involvierten Gesundheitsdienstleistern mehr Transparenz zum Zustand des Patienten und den Behandlungsschritten gewährt, die verschiedenen Leistungserbringer enger vernetzt und das ganze System patientenfreundlicher wird.

Dass das System gewaltige Mengen von Daten generiert – sei es durch die Erfassung und Speicherung von ärtzlichen Analysen und Forschungsbefunden oder der Datenspuren, die Herr und Frau Jedermann mit ihren Smartphone-Apps und Wearables hinter sich herziehen, kommt wiederum der Effizenz des ganzen Systems entgegen. Denn die intelligente, standortübergreifende Verknüpfung, Auswertung und Visualisierung dieser Daten durch immer leistungsfähigere medizininformatische Systeme wird es erlauben, Erkenntnisse für immer bessere und auf das Individuum passgenau zugeschnittene (und damit auch sichere und nebenwirkungsarme) Therapien zu generieren.

Bessere Diagnoseverfahren, personalisierte Therapien, telemedizinische Anwendungen und die bessere Versorgung von älteren Menschen und Menschen in ländlichen Regionen – das alles wird, so ist der international renommierte E-Health-Visionär Koen Kas überzeugt, das Gesundheitssystem am Ende völlig auf den Kopf stellen, wird den Fokus von der Behandlung auf die Prävention von Krankheiten verschieben, neue Märkte eröffen – gleichzeitig aber auch einige gesellschaftliche Debatten notwendig machen: Zum Beispiel darüber, ob Begriffe wie Datenschutz und Privatsphäre oder der Solidaritätsgedanke im Krankenversicherungswesen in einem solchen datengetriebenen System neu verhandelt werden müssen.

 

 

Vordigitale Datensilos, prähistorische Software und wenig patientenfreundliche Abläufe im Gesundheitssystem – auch dem Arzt und Rapper Zubin Damania, MD ein Dorn im Auge.

Christine D'Anna-Huber

Die Publizistin Christine D'Anna-Huber (cdh) ist Redaktionsleiterin des asut-Bulletins und Inhaberin des Textbüros cdh, Wissenschaft im Text, Burgdorf.