Zeit zu reifen

Schon 10 Jahre alt ist Bitcoin in diesen Tagen geworden – und statt Glückwünschen hagelte es
von mancher Seite gröbste Anwürfe an die Pionierin der Blockchain-basierten Kryptowährungen: «Mutter aller Gaunereien und Blasen» war noch eine der netteren Bezeichnungen.

In nur zehn Jahren hat Bitcoin eine schwindelerregende Karriere hingelegt: sagenhafte Kursanstiege, aberwitzige Höhenflüge, gefolgt in wildem Auf und von katastrophalen Kursabstürzen. Überbordende Hoffnungen, Gier und wildeste Spekulationen, ein Gewusel von immer mehr neuen Kryptowährungen, faule Neuemissionen (IOCs), Etikettenschwindel, geprellte Anleger und dann wieder Geschichten von unermesslichem und scheinbar wie aus dem Nichts geschaffenem Reichtum.

Und während die einen noch immer fest an die grosse Zukunft eines von keiner Notenbank kontrollierten, fälschungssicheren und anonymen digitalen Zahlungssytems glauben, fürchten andere, der zweifelhafte Ruf von Bitcoin könnte abfärben: So mehren sich in Zug, vor kurzem noch als innovatives Schweizer Krypto Valley in den Himmel gelobt, die Bedenken, dass Stadt und Kanton mit ihrer Kryptobegeisterung ihren guten Ruf aufs Spiel setzten. Das sehen allerdings auch in Zug längst nicht alle so.

Denn Bitcoin ist nicht gleich Blockchain. So gross die Reserven gegenüber der ältesten der Kryptowährungen auch sein mögen, so gross sind weiterhin die Hoffnungen, die in die Blockchain
gesetzt werden, d. h. in die Technologie, die ihr zu Grunde liegt und die es ermöglicht, kryptographisch verschlüsselte digitale Datensätze fälschungssicher in ein dezentral geführtes elektronisches Register einzuschreiben. Noch fehlt die Killer-Anwendung, die der Blockchain den ultimativen Durchbruch bringt. Aber dass sie einen einfachen und sicheren Weg bietet, praktisch jede Art von Transaktion zu verifizieren, macht ihr Anwendungspotenzial enorm.

Erst zehn Jahre ist die Blockchain heute alt – vielleicht wird sie aus ihren Kinderkrankheiten bald herauswachsen. Unser Editorialist, der Waadtländer Nationalrat Claud Beglé, ist davon überzeugt. Und wie unsere Interviewpartnerin, Tatiana Gayvoronskaya vom Hasso-Plattner-Instituts für Softwaresystemtechnik an der Universität Potsdam der festen Meinung, dass es höchste Zeit ist, dem Hype rund um Bitcoin und Blockchain auf den Grund zu gehen und die Vor- und Nachteile der Blockchain-Technologie ganz unvoreingenommen zu betrachten. Das ist auch das Ziel dieses Bulletins. Denn vielleicht lässt sich, mit etwas Mut, Neugierde und Offenheit daraus noch einiges machen.

(Bildquelle: Piqsels)

Christine D'Anna-Huber

Die Publizistin Christine D'Anna-Huber (cdh) ist Redaktionsleiterin des asut-Bulletins und Inhaberin des Textbüros cdh, Kommunikation und Texte in Bern.